So entsteht Filmmusik, die bleibt – zwischen Live‑Orchester und harten Beats

So entsteht Filmmusik, die bleibt – zwischen Live‑Orchester und harten Beats

Die Entstehung von Filmmusik ist zugleich ein kreativer und ein technischer Prozess. Sie erstreckt sich über mehrere Phasen: Von der ersten Idee bis zum finalen Soundtrack arbeiten wir als Komponisten bei JP Composers eng mit Regie, Produktion und Schnitt zusammen, um die emotionale Kraft eines Films zu entfalten. In diesem Artikel teile ich persönliche Erfahrungen, zeige Best Practices – und erkläre, warum Live‑Musiker von Barock über Klassik bis Jazz dabei oft den entscheidenden Unterschied machen.

Briefing – oder: Der erste Austausch

Jede Filmmusik – ähnlich wie in Werbemusik oder anderen Auftragsarbeiten – beginnt mit einem Briefing. In diesem Gespräch zwischen Regie und Filmmusik werden essenzielle Fragen geklärt:

  • Welche Stimmung soll die Musik transportieren?
  • Gibt es Vorbilder oder musikalische Referenzen?
  • Welche Szenen sollen besonders hervorgehoben werden?

Je früher diese Gespräche stattfinden, desto besser. Wir sagen dazu gerne: „Ach, hätten wir uns doch früher getroffen!“ – denn durch frühen Austausch entsteht auch früher eine Resonanz, ein tieferer Dialog über das, was wirklich klingen und fühlbar sein soll.

Persönlicher Einblick

Julian: Ich selbst liebe es, gezielt zentrale Punkte aus dem Drehbuch herauszuziehen und direkt mit Musikideen zu verbinden. So entsteht früh ein Dialog mit Regie – lange bevor der erste Schnitt steht.

So entsteht Filmmusik, die bleibt: Live-Orchester und harte Beats

Best Practice: Musik schon vor dem Dreh denken!

In vielen Produktionen beginnt die Arbeit an der Filmmusik erst, wenn Rohschnitt oder sogar Feinschnitt stehen. Das funktioniert, führt aber oft zu hektischen Prozessen und reaktiven Lösungen. Spannender – und oft nachhaltiger – ist es, wenn Musik schon vor den Dreharbeiten Gestalt annimmt.

Das kann ganz konkret zum Beispiel so aussehen:

  • als Orchester‑Suite von 10–15 Minuten, aus der sich später Themen extrahieren lassen,
  • als musikalisches Moodboard, das die Tonalität des Films früh festlegt,
  • oder als Hauptthema, das schon beim Schneiden im Raum ist und die Montage beeinflusst.

Das erleichtert auch den Schnitt enorm, weil schon früh Material vorhanden ist, das emotional greift.

Persönlicher Einblick

Julian: Ich habe es mehr als einmal erlebt, wie sich eine Produktion dadurch verändert hat. Wenn das Hauptthema schon im Schnitt präsent ist, entsteht sofort eine andere Emotionalität – Szenen atmen anders, Übergänge wirken natürlicher. Das schafft eine spezielle Tiefe und gleichzeitig eine Leichtigkeit, die man in der klassischen Reihenfolge oft verpasst.

Filmmusik-Entstehung: Briefing, Spotting, ... aber am besten: schon vor dem Dreh (best practice)

Spotting Session – Feintuning statt "Notlösung"

Auch in diesen idealeren Szenarien wird es natürlich die klassische(n) Spotting Sessions geben. Aber sie sind dann keine Arbeit im luftleeren Raum, sondern ein gezieltes Prüfen:

  • Passt das Hauptthema an dieser Stelle?
  • Oder eine Variante davon?
  • Welche Stems eines Tracks funktionieren in dieser Szene, welche nicht?

Diese Sessions werden dadurch viel effizienter, interaktiver und kreativer – und weniger theoretisch. In einer Spotting Session sieht man gemeinsam den Roh- oder Feinschnitt des Films an. Es wird beraten und entschieden, ob und wo welche Musik gebraucht wird und wo genau die Einstiege und Endpunkte der einzelnen Musik-Cues sein werden. Typische Ergebnisse einer Spotting Session:

  • ein Spotting Sheet mit Start- und Endpunkten für Musikeinsätze

  • genaueres Feintuning zu – oder erste Ideen – zu Tempo, Dynamik und Instrumentierung

Persönlicher Einblick

Julian: Aus meiner Erfahrung ist es Gold wert, der Schnittabteilung schon früh einen passenden, diversen Musikpool zu liefern. So vermeiden wir teure Temp-Tracks, an die sich das Team zu sehr gewöhnt.

So entsteht Filmmusik: gut vorbereitete Spotting Session und ein passender Musikpool für den Schnitt

Die Score‑DNA: Von den Themen zur fertigen Partitur

Auf Basis der frühen Ideen und Moodboards entwickeln wir die musikalische DNA eines Projekts. Aus einem Hauptthema oder einer Suite entstehen Leitmotive und Varianten, die das Fundament des Scores bilden. Diese Motive begleiten Figuren, unterstreichen emotionale Höhepunkte und ziehen sich als wiedererkennbare Patterns durch den gesamten Film.

Sobald die thematischen Bausteine stehen, beginnt die Auskomposition: Wir arbeiten die Motive in einzelnen Szenen aus, arrangieren sie für passende Instrumentierungen und bringen sie in eine Form, die sich sowohl für Live‑Sessions als auch für digitale Workflows eignet. Das geschieht dann ganz klassisch in einer Digital Audio Workstation (Logic Pro, Ableton), wo wir mit Sample‑Libraries, virtuellen Instrumenten und MIDI arbeiten, um Demos zu erstellen. 

Techniken in dieser Phase:

  • MIDI-Sequencing für präzise Skizzen     
  • Layering von elektronischen und akustischen Sounds     
  • Experimentieren mit Harmonien, Dynamiken und Texturen

Gleichzeitig denken wir schon an die spätere Partitur – damit die Musik effizient spielbar ist und sich Musik-Profis aller Couleur schnell frei in ihr bewegen können.

Persönlicher Einblick

Julian: Ich schreibe dafür oft Lead Sheets oder Particells – auch bei elektronischen Produktionen – und lade zum Beispiel Jazz‑/ Soulmusiker oder Barock-Musiker ein, diese Gerüste mit Leben zu füllen. Dieser Moment, wenn sie beginnen zu improvisieren und sich das Thema „freischwimmt“ und weiter transformiert, ist unbezahlbar. Und oft ist es auch spannend, Teile des Recording-Prozesses vorzuziehen, um bereits während dieser Phase Reworks der eigenen Komposition zu machen und zum Beispiel innovative Texturen zu generieren.

So entsteht Filmmusik: gut vorbereitete Spotting Session und ein passender Musikpool für den Schnitt

Von der Partitur ins Studio – und zu einem Sound, der bleibt

Sobald die Komposition steht, beginnen die letzten Schritte bei Arrangement und Orchestration: Wir entscheiden gemeinsam, welche Instrumente welche Rolle übernehmen und wie sie miteinander verschmelzen. Im Aufnahmestudio treffen dann Konzept und Realität aufeinander: Ein Dirigent führt das Orchester, während die Szene auf Leinwand läuft. Andere Elemente entstehen parallel „in the box“ – virtuell programmiert, geschichtet, experimentiert. Wir kombinieren beides. Unsere Philosophie bei JP Composers ist: so viel wie möglich live aufnehmen. Nicht nur, weil es lebendiger klingt, sondern weil aus diesen Sessions neue Texturen, Reworks und Remixes entstehen, die den Score einzigartig machen.

Zwischen all diesen Arbeitsschritten hat sich ein Stil entwickelt, der für Regie und Produktion greifbar ist: emotionale Live‑Musik trifft auf kompromisslose elektronische Härte. Uns reizt die Spannung zwischen Wärme und Kälte, zwischen atemhaften Streichern und Beats, die knallen dürfen. Diese Kontraste eröffnen ein großes Energiespektrum – sie verbinden Vergangenheit und Zukunft.

Andere beschreiben unseren Sound als eingängig, eigen und charakterstark – manchmal zart, manchmal roh, immer mit einem Kern, der sich nicht wegproduzieren lässt. Genau darin liegt für uns der Reiz: etwas zu schaffen, das sich einprägt, ohne sich anzubiedern.


Persönlicher Einblick

Julian: Ich habe mit sehr unterschiedlichen Besetzungen gearbeitet – vom Kammerorchester der Schubert’schen Größe bis zum vollen A-Orchester. Ein magischer Moment ist, wenn ein neues Stück so gut vorbereitet ist, dass sich das Ensemble nach kurzer Zeit von den Noten lösen und anfangen kann, freier zu spielen. Dann entsteht diese Präsenz, die kein Sample und kein Mockup ersetzen kann.

So entsteht Filmmusik für Kino, TV und Stream: Recording, Mixing, Mastering, zum Beispiel mit Orchester

Fazit

Filmmusik entsteht in einem komplexen Zusammenspiel aus Kreativität, Technik und Kommunikation. Wer früh im Prozess dabei ist, kann Themen und Klangfarben entwickeln, die die Bildsprache aktiv mitprägen – statt nur nachträglich darauf zu reagieren. Wir bei JP Composers setzen auf genau diese Antizipation: Wir entwickeln schon vor dem Dreh musikalische Moodboards oder ganze Orchester‑Suiten, damit beim Schnitt bereits etwas Greifbares existiert. In den späteren Spotting‑Sessions prüfen wir dann nicht im luftleeren Raum, sondern justieren auf Basis von Material, das lebt. Und genau deshalb kombinieren wir bewusst das Beste aus zwei Welten: die emotionale Energie von Live‑Takes (Orchester, Big Band, Jazz-Combo) und Roughness und Drive harter elektronischer Beats. So entstehen Scores, die nicht nur Szenen untermalen, sondern sich einprägen und bleiben. So machen wir es, weil wir es lieben – und weil es funktioniert.

Kontakt

JP Composers

Julian Pešek (Einzeluntermehmer)
Südstraße 45
04178 Leipzig
Telefon: +49 171 9101572
Mail: julian@jp-composers.com

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